Bonn – Überteuerte Wohnungen, kaum Auftrittsmöglichkeiten, niedrige Gage, schlechter Nahverkehr: Musikstudent Ludwig (22) verlässt Bonn.
„Natürlich tut es weh, seine Geburtsstadt zu verlassen“, so der junge Mann aus der Bonner Altstadt, der als Klaviervirtuose gilt. „Aber es wird hier zunehmend schwieriger für Künstler wie mich.“
Kürzlich sei ihm seine Wohnung gekündigt worden, wegen Eigenbedarf. „Sie gehört jetzt einem französischen Investor, der vermietet jetzt über AirBnB“, so Ludwig. Bereits zuvor habe er eine teure Staffelmiete gehabt. „Bei meiner Gage ist das einfach nicht machbar.“
Zudem gebe es immer weniger Orte für die Auftritte. „Die Sanierung der Bonner Konzerthalle nimmt kein Ende, Auftrittsmöglichkeiten und Proberäume am Alten Schlachthof werden seit Jahren verhindert. Und wir Musiker müssen jetzt bis in irgendwelche Vorortdörfer fahren, nach Gronau etwa, um dort in Turnhallen und Konferenzräumen aufzutreten.“ Das mache einfach keine Freude.“
Hinzu komme Frust durch die täglichen Staus und den unzuverlässigen Nahverkehr. „Manchmal brauche ich, statt zehn, ganze 35 Minuten von der Innenstadt bis nach Gronau, oder dorthin, wo man einen Klaviervirtuosen wie mich braucht. Das liegt unter anderem an den ganzen Ausfällen von Bus und Bahn. Dabei kostet mich das Monatsticket eine riesige Summe Geld.“
Vom Stau und den schlechten Bedingungen für Radfahrer wolle er gar nicht sprechen. „Erst neulich bin ich wieder, als ich zu einem Auftritt radelte, fast umgefahren und danach beschimpft worden. Das war lebensgefährlich!“
Bis vor kurzem habe er noch Unterstützung durch die Kommune erhalten, doch auch aus der Förderung sei er jetzt herausgefallen. „Es ist so traurig. Aber irgendwann muss man einen Schlussstrich ziehen.“
Studium und Anstellung in Wien in Aussicht
Er plant jetzt, sein Studium in Wien zu Ende bringen zu können. „Ich habe dort einige Freunde, die mich vermutlich in den ersten Jahren unterstützen werden. Möglicherweise bekomme ich alsbald dort auch einen Job als Komponist.“
„Wien ist schon toll“, schwärmt der junge Musiker. „Dort gibt es einen stark regulierten Wohnungsmarkt mit gefördertem Wohnraum, ein 365 Euro Jahresticket für Bus und Bahn mit guter Infrastruktur, und man schätzt Menschen, die Kultur machen.“
Ob er auch mal nach Bonn zurückkommt? „Mal sehen. Vielleicht gibt es in Bonn bald ein Umdenken, dass man in der Stadt die Probleme im Bereich Kultur, Bauen, Wohnen, Verkehr und Leben angeht. Dann bestimmt einmal. Ich meine, wie sieht es denn aus, wenn ein möglicherweise irgendwann erfolgreicher Komponist von Weltformat nie wieder in seine Geburtsstadt zurückkehrt?“
Immerhin habe er noch ein paar Verwandte in der Stadt und Wurzeln hier. „Aber es kann auch sein, dass ich meine Brüder von Wien überzeuge, so wie ich gerade schwärme.“