Bonn – Bei den Stadtwerken Bonn und BonnOrange läuft’s nicht rund. Aus diesem Grund bringt die Stadt Bonn jetzt eine „Rekommunalisierung“ der kommunalen Unternehmen ins Spiel. Die Wirtschaftsredaktion der Rheinischen Tagespost hat durchgespielt: Diese acht Vorteile bringen eine Rekommunalisierung von SWB und BonnOrange als Dezernat 6 – (Sauberkeit) und Dezernat 7 (Bus und Bahn).
1.) Weniger Personalkosten bei gleichem Angebot!
Ähnlich wie bei den Bonner Freibädern im Sommer kommt man mit viel weniger Personal aus. Alle Strecken werden erhalten, aber man arbeitet mit Fahrern, die nach einem nachfrageinduzierten Rochade-System die Busse bedienen. Bedeutet: Die Bus- und Bahnfahrer steigen mit den Fahrgästen am Hauptbahnhof aus den Bussen aus und in das Gefährt ein, vor dem die meisten Personen warten. So kommen irgendwann alle ans Ziel, nur halt nicht sofort.
2.) Fahrscheinkosten lassen sich per Klage reduzieren
Die Stadt verkauft Tickets für Straßenreinigung und ÖPNV. Doch weil die individuellen Beförderungsverträge nicht gut sind, können findige Nutzer sich Fahrtkosten per Klage teilweise oder voll erstatten lassen – etwa bei schmutzigen Bussen oder rumpeligen Straßen, die nicht so sind wie vorher zugesagt. Ähnliches gelang auch schon Käufern von Grundstücken am Bonner Bogen und am Hauptbahnhof.
3.) Bedarf an Plätzen für Bus und Bahn werden über zentrales System verteilt
Die Busse und Bahnen sind überfüllt? Kein Problem! Die Fahrplätze werden zukünftig zwei Monate vor Fahrtbeginn über eine zentrale Plattform vergeben. Dort kann man im Vorfeld seine drei Abfahrts-Uhrzeit-Wünsche bekannt geben. Anschließend bekommt man einen Platz zugelost oder ein Alternativangebot, im schlimmsten Falle muss man auf den nächsten Tag warten.
Hat man einen Platz zugelost bekommen, darf man sich beim Busfahrer vor Ort noch einmal vorstellen, bevor man genommen wird. „Wir haben beim neuen KITA-System damit gute Erfahrungen gemacht„, erklärt ein Stadtsprecher. So konnten immerhin 40 Prozent des Bedarfs an Kita-Plätzen abgedeckt werden.
Er fügt hinzu: „Und es gibt noch einen weiteren Vorteil: Hat man keinen Platz bekommen, muss man sich nicht in enge Busse und Bahnen quetschen um zur Arbeit zu kommen, sondern bleibt eben zu Hause. Das spart auch Betreuungsplätze!“
4.) Termine für Müllabholung werden bürgernah im Bürgerzentrum beantragt
Viele kritisierten das gesichtslose Vorgehen von BonnOrange ohne Kontakt zu den Bürgern. Man stellte die Tonne abends raus, am nächsten Tag war sie leer. Müllwerker sieht man dabei nur selten direkt. Daher werden die Daten für die Abholung der Tonnen jetzt einmal am Anfang des Jahres ausgemacht. Das ermöglicht es, mit den Mitarbeitern des Dezernates Sauberkeit auch zu plauschen.
Dies kann man unkompliziert im Bürgerzentrum des Stadthauses erledigen. Zwar sind die Termine zur Ausmachung der Termine bis März bereits ausgebucht; kurzfristig kann man allerdings mit etwas Wartezeit dazwischengeschoben werden.
5.) Ordnungsamt kontrolliert Schwarzfahrer
Die Kontrolleure der Stadtwerke Bonn reagieren ruppig und drücken dich zu Boden, nur weil du deinen Ausweis nicht vorzeigen willst? Das geht zukünftig anders! Ab sofort kontrolliert das Ordnungsamt nicht nur die Falschparker auf Gehwegen und Radstreifen nicht, sondern ist auch für die Kontrolle eines zukünftigen Tickets zuständig. Mehr Personal gibt es aber dafür nicht, da die Stadt sparen muss, und Schwarzfahren ist in der Lead-City sowieso das neue Gehwegparken.
6.) Sinkende laufende Unterhaltskosten bei Fahrzeugen
Die Stadtwerke Bonn kümmerten sich zu viel darum, Fahrzeuge und Gebäude mehr oder minder gut in Schuss zu halten. Bei der Stadt Bonn ist das anders. Durch das bewährte System, Sanierungen bis zum Maximum an die Zukunft outzusourcen, konnten bei der Sanierung von Beethovenhalle, Oper, Schulen, Sportplätze Stadthaus, Stadthalle in der Vergangeneheit Millionen eingespart werden.
Zukünftig könnte dieses System auch bei Bussen und Bahnen angewandt werden. Geschweißt wird erst, wenn die Fahrgäste durch die Löcher im rostigen Boden fallen.
7.) Baugewerbe profitiert
Neue Bushaltestellen oder barrierefrei ertüchtigte kosten nicht wie geplant 50.000 Euro, sondern 1,2 Millionen. Klingt auf den ersten Blick viel, aber davon profitiert die Bau-Wirtschaft, ähnlich wie bei der Beethovenhalle, sowie Medienunternehmen, Anwälte, Gerichte und Satiremagazine. Durch die Umwegrendite fließt das Geld ja in die Kommunalkassen zurück, und zwar mehr, desto länger gebaut wird.
8.) Klare Verantwortlichkeiten
Noch sind die Stadtwerke Bonn und BonnOrange Anstalten öffentlichen Rechts. Das bedeutet, sie erledigen kommunale Aufgaben und sind wie die SWB zu hundert Prozent im Besitz der Stadt Bonn. Doch wer diese Betriebe eigentlich kontrolliert, wer im Aufsichtsrat und Verwaltungsrat sitzt, welche Zuständigkeiten es gibt, wer politische Aufträge an die beiden Unternehmen vergibt, wer die Geschäftsführer bestellt, das kann keiner so richtig sagen. Gemunkelt wird von einem Geflecht aus Scheinfirmen in Panama und russischer Vetternwirtschaft.
Eine Rekommunalisierung der stadteigenen Betriebe in stadteigene Betriebe bedeutet auch, dass die Verantwortlichkeiten klar benannt werden können!
Natürlich müssten die bisherigen Eigentümer der stadteigenen Betriebe für den Verlust ihrer Anteile entschädigt werden. Möglicherweise wird dies die Stadt Bonn einen höheren dreistelligen Millionenbetrag kosten. Aber das wäre es ja wert – bei all den Vorteilen.