Bonn – Bibliothekenschließungen, verrammelte Freibäder, nicht genügend Kita-Plätze und der ständige Stau auf kaputten Rüttelpisten… Harald Petrag (34) konnte einfach nicht fassen, was er täglich in Bonn erlebte. „Jeden Tag gab es einen weiteren Schock! Erst gestern hat mir wieder jemand erzählt, dass irgendwer auf mein geliebtes Bonner Loch einen neuen Prunkbau setzen will und die Rheinauen Naturschutzgebiet werden sollen!“
Zudem stellte Petrag, der keine Zeitung liest, („weil die doch alle lügen“), und sich auch sonst nicht viel für Geschehnisse in der Stadt interessiert („keine Zeit“) erschrocken fest, dass Bonn hochverschuldet sein soll. „Wie kann das denn sein? Wir haben doch lauter DAX-Unternehmen hier?“, fragt er überrascht, „wo soll denn das ganze Geld hingegangen sein?“
Dem engagierten Bürger reichte es jetzt. Er machte sich auf die Suche nach den Verantwortlichen – und fand schockierendes heraus! „Es gibt offenbar einen eingeschworenen Zirkel von Bonnern, die sich nahezu jeden Abend treffen und dann furchtbar schlimmen Dinge für Bonn auskungeln. Und wenn man dann als normaler Steuerzahler davon nach Monaten erfährt, ist es zu spät!“
So gäbe es, wie er nach intensiver Recherche im Internet feststellte, verschiedene Strömungen in diesen Geheimzirkeln, genannt „Parteien“, die allabendlich in sogenannten Ausschüssen Entscheidungen finden. „Und das einfach so, ohne dass man das groß nachverfolgen kann!“ ist er empört. Dann gäbe es noch einen „Rat“, der offenbar fast immer das letzte Wort habe, berichtet er. Und dann wäre da die „Verwaltung“, deren Rolle Petrag nicht ganz versteht. Sie scheint das ausführende Organ dieser Machenschaften zu sein. Der Grundschullehrer ist jedenfalls sauer! „Es kann doch nicht sein, dass man da als normaler Bürger kein Mitspracherecht hat!“ Zwar räumt er ein, dass diese Sitzungen größtenteils öffentlich seien. „Aber die sind meist abends, und dann habe ich andere Dinge zu tun als mir in miefigen Sitzungsräumen langweiliges Gelaber anzuhören und Aktenberge zu lesen.“
Kürzlich fand der 34-Jährige, der sich nicht besonders für Politik interessiert, noch heraus, dass es so etwas wie Kommunalwahlen gibt, eine Art Initiationsritus. „Aber der scheint nur symbolische Relevanz zu haben“, berichtet er. So nehme daran kaum jeder zweite Bonner teil, zudem „ändert sich ja doch nichts.“ Und: „Diese sogenannten Wahlen finden immer Sonntags statt! Da ist aber erst Brunch im Café, dann Bundesliga und abends dann meist Pokern angesagt.“
Petrag reicht es. Er hat jetzt beschlossen etwas zu ändern und daher eine Facebookgruppe eingerichtet, um die Wahrheit allen bekannt zu machen. „Dort können die anderen Bonner endlich ihrer Empörung Luft verschaffen!“, freut er sich. Zufrieden erklärt er: „Ich habe durch meine Entdeckung jetzt erst einmal genug erreicht für die Stadt.“