Düsseldorf – Es sind herzzereißende Szenen, die sich am Düsseldorfer Hauptbahnhof abspielen: Im Minutentakt kommen Züge aus allen Himmelsrichtungen an. Jecken aus allen Ländern des Rheinlandes steigen aus. Zur Begrüßung tönen „Helau“-Rufe. Jeder der asylsuchenden Karnevalisten erhält ein Glas Altbier und eine Handvoll Kamelle.
Viele der ankommenden Jecken ist die Anstrengung und das Leid ins Gesicht geschrieben. Ihre Kostüme sind alt und oft abgewetzt. Erschöpfung liegt in ihren Augen. „Seit der Restauration vom Aschermittwoch sind bei uns die Zustände untragbar geworden. Wir müssennur noch malochen, kein bützen, kein fieren mehr…“, berichtet der Rolf von der Heimat. Seinen Nachnahmen möchte er nicht in der Zeitung lesen, aus Angst um Freunde und Verwandte, diente er doch bislang in der Kölner Stadtgarde. „So macht das Leben keinen Spaß mehr… Ich musste weg.“ Er hofft, seine Familie bald nachholen zu können.
Doch nicht alle Düsseldorfer sind begeistert. „Das Boot ist voll!“ erklärt etwa Juppes Schwaderlapp (57). „Wir können nicht einfach immer mehr Menschen bei uns im Karneval aufnehmen.“ Bereits jetzt wäre der Zug durch die aktuellen Teilnehmer mehr als ausreichend voll, am Zugweg kaum Platz mehr. „Wenn das so weitergeht, fällt ja auch dieser Zug erneut aus! Und das darf dann nicht passieren.“ Zudem seien die Neuankömmlinge oftmals wenig vertraut mit der Kultur: „Die verstehen unsere Sprache in Düsseldorf nicht, kennen doch die Regeln hier nicht. Viele rufen nach einem „Alaaf“, haben ganz ander Sitten und Bräuche. “ Man habe sogar Angst, dass die Neuankömmlinge wüst um sich bützen und Frauen belästigen würden. „Wer schützt denn unsere Düsseldorfer Mariechen?“, fragt Heike Rehlen (55) entsetzt. „Die haben doch keinen Schimmer, wie man bei uns miteinander umgeht!“ Und: Er fürchtet, dass viele Jecken in den Kneipen der Stadt untergebracht werden.
Droht dem Düsseldorfer Karneval der Untergang? Um das zu vermeiden, zog der Organisator, das Comitee Düsseldorfer Carneval, jetzt die Reißleine. „Karnevalisten aus sicheren Herkunftsstädten werden am Bahnhof ,umgehend wieder zurückgeschickt. Alle anderen dürfen hierbleiben, müssen allerdings bereit sein, sich kulturell zu integrieren.“ Ehrenamtliche Helfer hätten bereits Karnevals- und Biertrinkkurse organisiert. Der Abschluss dieser Kurse sei Voraussetzung für ein Bleibe- und Teilnahmerecht.
Als sichere Herkunftsstädte gelten unter anderem Bonn, Aachen und Münster sowie kleinere Orte – außer Köln. In der Domstadt wurde vielen Karnevalisten die Ausreise verboten, rückkehrendee Jecken könnten harte Repressionen, darunter Feierverbot und empfindliche Strafen, erwarten, glauben Menschenrechtsexperten. Experten zufolge sind trotzdem viele auf den Weg zum Karneval nach Düsseldorf, oft unter falschem Vorwand.